Einen Besuch des Wenzelplatzes sollten Sie stylisch beginnen – mit einem Treffen „unter dem Pferd“. Möglicherweise geraten Sie in irgendeine Versammlung oder Demonstration… Der Wenzelsplatz ist mit Schlüsselmomenten der modernen Geschichte Prags verbunden, hier änderten sich politische Regime und hier wurden wichtige Erklärungen abgegeben.
Wir treffen uns „unter dem Schwanz“
Sicher haben Sie schon mal gehört, Treffpunkt „beim Pferd“ oder „unter dem Schwanz“ – das sind für alle Prager gut bekannte Angaben. Das Reiterstandbild des Hl. Wenzel, das den oberen Teil des Wenzelsplatzes beherrscht, ist zentraler Punkt der meisten Stelldicheins im Zentrum Prags.
Die Bronzeskulpturengruppe des Hl. Wenzel mit weiteren vier Patronen der böhmischen Länder ist seit mehr als hundert Jahren Symbol der tschechischen Staatlichkeit und des Nationalstolzes. Der Entwurf Josef Václav Myslbeks, der den Heiligen in der Rolle des Kriegers darstellt, siegte bei einer Konkurrenz von weiteren sieben Bildhauern. Mit den Arbeiten an der gesamten Gruppe verbrachte Myslbek über dreißig Jahre.
Die feierliche Enthüllung des Denkmals fand im Jahr 1913 statt, damals ergänzten den Hl. Wenzel auf dem Pferd nur drei Patrone – der Hl. Prokop, die Hl. Agnes von Böhmen und die Hl. Ludmila. Die vierte Ecke des gewaltigen Sockels wurde 1924 von der Skulptur des Hl. Adalbert besetzt.
Ort der Proteste und Demonstrationen
Gerade hier, unter dem Pferd, wurde am 28. Oktober 1918 um 11 Uhr die selbstständige Tschechoslowakische Republik ausgerufen. Das historische Datum ist ebenfalls im Pflaster vor dem Denkmal verewigt: 28. X. 1918.
Die Fläche um die Statue des Hl. Wenzel herum dient bis heute als Plattform für verschiedenste Manifestationen und öffentliche Versammlungen. 1969 verbrannte sich hier aus Protest gegen die sowjetische Okkupation der Student Jan Palach, zwanzig Jahr später war hier der Schlüsselort der Samtenen Revolution, die den Fall des totalitären Regimes einläutete.
Geschichte des Wenzelsplatzes
Der ursprüngliche Pferdemarkt entstand aufgrund des Dekrets über die Gründung der Prager Neustadt aus dem Jahre 1348. Den Namen Platz des Hl. Wenzel bzw. Wenzelsplatz erhielt dieses Geschäfts- und kulturelle Zentrum erst im Revolutionsjahr 1848 auf Anregung des Repräsentanten der nationalen Wiedergeburt Karel Havlíček Borovský.
An der Stelle des Nationalmuseums stand bis 1875 das Pferdetor als Teil der später niedergerissenen Stadtmauern. Heute kann sich schon niemand mehr vorstellen, dass von oben mitten über den abschüssigen Platz bis in den Teich beim Můstek der Bach Vinohradský potok floss. Pflaster und anschließend elektrische Beleuchtung erhielt der längliche Wenzelsplatz in der zweiten Hälfte des 19.Jh.
An einen modernen Marktplatz erinnert der Wenzelsplatz auch heute. Tagsüber finden Sie hier Verkäufer aller Art. Stände, Schnellimbisse, Luxusrestaurants, Bars sowie Kaufhäuser. Der Platz und seine Umgebung sind voller Theater und Kinos. Auch nachts ist der Wenzelsplatz nicht weniger belebt. Mehr als Prager dient dieser Ort dann allerdings schwelgenden Touristen, Drogenverkäufern und der Prostitution.
Wie gelangt man auf den Wenzelsplatz
Der Wenzelsplatz ist Verkehrsknotenpunkt im Zentrum Prags. Die Erreichbarkeit mit der Metro sichern zwei Umsteigestationen ab – am Můstek (Linie A und B) gelangen Sie im unteren Teil des Platzes an die Oberfläche, oder aber in der Mitte, wo der Platz durch die Straße Vodičkova ulice mit Straßenbahnlinien durchschnitten wird. Wenn Sie in der Station Muzeum (Linie A und C) aussteigen, stehen Sie am oberen Ende des Platzes unterhalb des Nationalmuseums oder bei der Statue des Hl. Wenzel.
Bis 1980 fuhren Straßenbahnen direkt über den Platz, jetzt finden Sie die nächste Haltestelle in der Straße Vodičková ulice oder am Turm Jindřišská věž. Über die Rückkehr der Straßenbahn und das Verbot für Autos wird dauerhaft diskutiert.
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