Expositionen des Nationalmuseums sind in 11 Prager Objekten und in 5 außerhalb Prags zu finden. Was historische Bedeutung, Lage und Popularität betrifft, so führt allerdings ganz klar der Monumentalbau am oberen Ende des Wenzelsplatzes. Vor allem dem Sitz des Nationalmuseums ist dieser Artikel gewidmet.

Es gibt nicht nur ein Nationalmuseum

Wenn man Nationalmuseum sagt, so kommt den meisten Menschen als Erstes das auf dem Wenzelsplatz in den Sinn. Umfangreiche Sammlungen aus verschiedensten Wissenschaftszeigen, von den Naturwissenschaften bis hin zu den Gesellschaftswissenschaften, sind aber auch anderswo zu sehen. Im Übrigen würde eine solche Menge selbst in das monumentale Gebäude im Zentrum Prags allein nicht hineinpassen.

Einen Besuch wert sind gewiss auch die Nationale Gedenkstätte auf dem Vítkov, das Tschechische Musikmuseum in der Straße Karmelitská, das neue Gebäude des Nationalmuseums in der Straße Vinohradská, die Expositionen des Náprstek-Museums asiatischer, afrikanischer und amerikanischer Kulturen auf dem Platz Betlémské náměstí und andere thematische Ausstellungsobjekte. Einzelne aktuelle sowie ständige Expositionen können Sie auf der übersichtlichen Webseite der Institution auswählen.

Dominante des Wenzelsplatzes

Die älteste museale Institution in Böhmen entstand im Jahr 1818 als „Patriotisches Museum“ durch Proklamation der Vertreter von Adel und akademischer Öffentlichkeit. Anfangs fehlte ein gemeinsamer Sitz für die Aufbewahrung der Sammlungen und so wurden sie im Kloster in der Altstadt aber auch in Privatwohnungen zusammengetragen. Erst 1876 bot sich ein geeigneter Platz für den Bau eines Nationalmuseums – in exklusiver Lage am oberen Ende des Wenzelsplatzes nach dem Abriss des Pferdetors, das Teil der damaligen Prager Befestigung war. Nach wie vor fehlte aber ein genehmigtes Projekt des Gebäudes.

Bau des Nationalmuseums

Die Ausschreibung für das Projekt des Nationalmuseums wurde vom Entwurf des Architekten Josef Schulz beherrscht und dies vor allem Dank des pompösen Pantheons in der Mitte des Gebäudes. Mit dem Neorenaissancebau für zwei Millionen Gulden wurde 1885 begonnen und die Fertigstellung war innerhalb von vier Jahren vorgesehen. Er stach durch die prächtige Ausschmückung von führenden tschechischen Malern und Bildhauern hervor. Mit seiner Monumentalität übertraf er möglicherweise die eigentliche Funktion (es überrascht, dass im Projekt so gut wie mit keinen Räumen eines Depositars gerechnet wurde).

Persönlichkeiten und Philanthropen im Nationalmuseum

Das Nationalmuseum ist mit Plejaden tschechischer Persönlichkeiten verknüpft. Paläontologen, Zoologen, Geologen, Reisende, Hochadel, Geistliche und Wissenschaftler widmeten dem entstehenden Museum ihre umfangreichen Sammlungen und machten die Institution in der Welt bekannt (z. B. Bernard Bolzano, Emil Holub, Vojta Náprstek, František Palacký, Graf Kaspar M. Sternberg und andere). Unter den Fenstern auf der Fassade des Nationalmuseums kann man heute 72 Namen der tschechischen Geschichte lesen, die hier in goldener Schrift verewigt wurden.

Dauerhafte Erinnerung an die Okkupation

Der 21. August 1968 trug sich schwarz in die Geschichte der Tschechoslowakei und auch des historischen Gebäudes des Nationaltheaters ein. Damals trotzte das Volk dem Einfall der Armeen des Warschauer Paktes und im Zentrum der Metropole wählten die sowjetischen Soldaten gerade das Nationalmuseum zum Ziel. Angeblich hätten sie es mit dem Sitz von Radio Freies Europa verwechselt.

Der Beschuss hinterließ zahlreiche Schäden im Putz, an den Reliefs sowie im Inneren des architektonischen Denkmals. Die grobe Beschädigung der Fassade wurde in den 70-er Jahren des 20. Jh. durch Steinplomben ausgebessert, die bis heute auf der Vorderfront erkennbar sind. Als Memento der traurigen Ereignisse bleiben diese Spuren auch nach Abschluss der gegenwärtigen Rekonstruktion erhalten.

Gefährdung des Museums in Form der Stadtautobahn

Obgleich das Nationalmuseum die Okkupation durch die Nazis als auch die sowjetische Armee überlebt hat, haben größte Gefahr für Gebäude und Sammlungen die Tschechen selbst heraufbeschworen. Die unsensible Abtrennung des Museums vom Wenzelsplatz durch die vielbefahrene Stadtautobahn ist nach wie vor Gegenstand leidenschaftlicher Dispute. Tatsache ist, dass das architektonische Kleinod unter übermäßigem Lärm, Staub und Erschütterungen der ewig verstopften Magistrale leidet. Eine Lösung für den problematischen Prager Verkehr zu finden und gleichzeitig ideale Bedingungen für die Bewahrung des kulturellen Erbes zu finden, ist bislang nicht gelungen.