Während des Baus aber auch danach wurde das Gemeindehaus von Pessimisten und Schwarzsehern kritisiert, die seine Architektur für unmodern befanden. Heute bleibt einem nichts anderes, als sich vor den prunkvollen Sälen zu verneigen, wo wichtige politische Übereinkommen geschlossen wurden, und die charakteristische Vereinigung architektonischer und künstlerischer Stilrichtungen vom Ende des 19. und Anfang des 20. Jh. zu bewundern.

„Neobarock, Neurenaissance, westliche sowie orientalische Einflüsse durchdringen sich hier mit böhmischem Jugendstil,“ schreibt man auf den offiziellen Webseiten des Gemeindehauses. Nicht allein deshalb ist dieses Symbol tschechischer Staatlichkeit der Aufmerksamkeit wert.

Königliche Vergangenheit des Gemeindehauses

Das Jugendstilgebäude des Gemeindehauses wurde feierlich am 5. Januar 1912 eröffnet. Dies geschah auf Drängen der Verfechter der tschechischen Wiedergeburt, die den Bau eines eigenen gesellschaftlichen und kulturellen Zentrums, ähnlich dem deutschen verlangten. Der gewählte Ort konnte nicht würdiger sein. Die Stadt stellte dem Gemeindehaus ein Grundstück in der Altstadt zur Verfügung, an dem Ort, wo seit dem 14. Jh. der Königshof stand (vorübergehender Sitz der böhmischen Herrscher) und wo der sog. Königsweg (der Umzug des Herrschers vor der Krönung in Begleitung der Bürgerschaft) auf die Prager Burg begann.

Der Komplex des Königshofs umfasste die Residenz der Könige, einen weitläufigen Garten, eine Menagerie, ein Bad sowie eine Kirche. Für den Bau des neuen Gemeindehauses wurden die baufälligen Objekte des Königshofs abgerissen und auf dem Altar des „Leuchtturms der tschechischen Staatlichkeit“ geopfert, wie die Tschechen das ersehnte Gemeindehaus stolz nannten.

Überteuertes Schaufenster zeitgenössischer Kunst

Das ursprüngliche Projekt des Gemeindehauses rechnete mit drei Millionen Kronen. Die Gesamtkosten stiegen auf das damals schwindelerregende Doppelte. Trotz aller Kritik und des Verdachts auf Korruption führte der Bau die besten Künstler seiner Zeit zusammen. An der Ausschmückung des Gemeindehauses beteiligten sich z. B. die Maler Mikoláš Aleš, Václav Jansa, Alfons Mucha, Max Švabinský oder František Ženíšek. Von den Bildhauern verewigten hier Josef Mařatka oder Josef Václav Myslbek ihre Kunst.

Zwei geschichtliche Wendepunkte innerhalb des Gemeindehauses

Das Gemeindehaus gehörte immer zu den Mittelpunkten des politischen Geschehens in Prag. Gerade hier wurde am 28. Oktober 1918 offiziell die Entstehung der eigenständigen Tschechoslowakei ausgerufen und im November 1989 fanden hier erste Treffen der herrschenden Kommunisten mit den Repräsentanten des Bürgerforums mit Václav Havel an der Spitze statt. Diese beiden Ereignisse gehören zu den bedeutsamsten in der Geschichte der böhmischen Länder und nicht nur dabei bot das Gemeindehaus ein würdiges Umfeld für alle Beteiligten.

Derzeitiges Gemeindehaus für die Öffentlichkeit

Heute finden in den geräumigen Sälen des Gemeindehauses überwiegend Konzerte ernster Musik statt. Außerdem bietet es auch Ausstellungen der bildenden Kunst oder Besichtigungen mit sachgerechten Erläuterungen an. Kommentierte Besichtigungen des Interieurs dauern ungefähr eine Stunde und sind auch in englischer Sprache möglich.

Im Erdgeschoss des Gemeindehauses befinden sich ein französisches Restaurant (eröffnet im Jahr 1911), eine Bar mit ursprünglicher Einrichtung und ein Jugendstilcafé mit Konditorei und einer kleineren Galerie. In diesen strahlenden Räumlichkeiten mit Kristallleuchtern und Marmor spürt man die wahre Atmosphäre der gehobenen Gesellschaft während der ersten Republik.

Wie gelangt man zum Gemeindehaus?

Das Gemeindehaus steht an der Südecke des Platzes der Republik /náměstí Republiky/ in Richtung zur Straße Na Příkopě gleich neben dem Pulverturm. Der Platz der Republik ist günstig mit den Prager Verkehrsbetrieben zu erreichen, Sie können die gelbe Metrolinie B oder eine ganze Reihe von Straßenbahnen und Bussen benutzen. Parken ist hier schwierig, deshalb sollten Sie sich lieber für die öffentlichen Verkehrsmittel oder einen Spaziergang durch das Stadtzentrum entscheiden.